Seit dem 23. Mai dieses Jahres steht im großen Saal des Rostocker Konservatorium eine wunderbarer neuer Konzertflügel. Dass wir es sein würden, die diesen Flügel stellen, war am Anfang der Geschichte alles andere als klar. Aber der Reihe nach.
Die Stadt Rostock hatte sich bei der Ausschreibung im Spätsommer 2024 auf ein einziges Modell des amerikanischen Anbieters Steinway & Sons beschränkt. Was auf den ersten Blick auch einleuchtet, stehen diese Instrumente doch für eine hohe Qualität und sind auf vielen Konzertbühnen präsent. Dabei gerät jedoch die Tatsache aus dem Blick, dass es in den letzten Jahrzehnten eine Vielzahl von Herstellern geschafft hat, gleichwertige Instrumente zu bauen. Nun klebt bekanntlich nichts so sehr wie Gewohnheit und so brauchte es auch hier den Einspruch eines potenziellen Bieters, um das begonnene Verfahren zu stoppen und erneut auszuschreiben. Von nun an offen für weitere Bieter hochwertiger Konzertflügel. Ausgewählt wurde mit einem sehr ausgeklügelten Bewertungssystem, welches einerseits die Qualität von Klang und Spielart, aber auch die preisliche Einordnung berücksichtigt.
Im Februar 2025 wurden dann gleich 4 nagelneue Konzertflügel in der Aula des altehrwürdigen Wallgymnasium, dem Zuhause des Konservatoriums aufgestellt. Friedlich nebeneinander standen Instrumente von Steinway & Sons, Bösendorfer, Steingräber und C.Bechstein Berlin.
Steinway gehört dem amerikanischen Hedgefondsmanager John Paulson, Bösendorfer in Wien wurde 2008 aus der Insolvenz vom japanischen Hersteller Yamaha erworben, Steingräber fertigt als Familienbetrieb in Bayreuth. C.Bechstein stellt als größter deutscher Klavierhersteller seine Instrumente im sächsischen Seifhennersdorf her.

Der Aufwand, 4 große Konzertflügel in den zweiten Stock der Musikschule zu befördern, war schon erheblich. Dann konnten die Anbieter nochmals Hand anlegen, um die Instrumente bestmöglich zu präsentieren. In einem aufwendigen Blindtestverfahren wurden die Instrumente durch eine fünfköpfige Jury bewertet. Dabei konnten diese die Flügel weder beim Hören, noch beim Anspielen tatsächlich auch sehen. Zum konzentrierten Zuhören wurden alle Flügel von zwei externen PianistInnen ausgiebig gespielt.
Ein Instrument wurde von den Beteiligten einstimmig als bestes bewertet. Die Überraschung war dann nicht klein, dass es sich dabei um das Instrument von C.Bechstein handelte. Da auch der Preis passte, fiel die Wahl also auf ein Instrument des legendären Traditionsherstellers aus Berlin. Die Freude der Verantwortlichen dort war selbstverständlich auch groß. Einen Monat später folgte eine finale Auswahl. Diesmal trafen sich drei Jurymitglieder im Auswahlzentrum von C.Bechstein in Berlin, und wählten unter weiteren drei Flügeln ihren ganz persönlichen Favoriten. Dieser Flügel wurde nun aufgestellt und ist für die kommenden Konzertveranstaltungen bereit.

Wir bedanken uns zunächst bei unserer Oberbürgermeisterin Eva-Maria Kröger, die sich persönlich für dieses Verfahren eingesetzt hat, sowie dem Leiter des Rechtsamtes, Dr. Dirk Zierau, der das Verfahren, angelehnt an die Flügelauswahl der Elbphilharmonie Hamburg, durchgeführt hat. Es hat sicherlich Beispielcharakter für andere Institutionen.
Großer Dank gilt auch dem Team von C.Bechstein, Klavierbaumeisterin Paula Kiechle, Konzerttechniker Hervé Catin, der Künstlerbetreuung durch Stefan Roszak und dem Chefintoneur im Flügelbau, Matthias Klingsing. Dank auch an die Mitarbeiter von Piano-Express für die reibungslose Anlieferung.
Abschließend bedanken wir uns für die freundliche und kooperative Zusammenarbeit mit allen Mitarbeitenden des Konservatoriums. Wir freuen uns auf die kommenden Jahre, in denen wir den Konzertflügel, und damit viele Veranstaltungen der Musikschule, begleiten dürfen.
Klaus Kreutzer
Klavierbaumeister
