Trumps Mann bei Steinway

Der Kulturjournalist Axel Brüggemann zählt zu den renomiertesten Berichterstattern und Kritikern des Kulturbetriebs. Aktuell beleuchtet er den Hintergrund der Beziehung des Klavierherstellers Steinway zum designierten USA-Präsidenten Donald Trump.

5. November 2024, von Axel Brüggemann, Quelle: BackstageClassical

Heute wird in den USA gewählt. Bei einem Trump-Sieg könnte John Paulson (Foto) neuer US-Wirtschaftsminister werden – dem Hedgefonds-Manager gehört auch der Klavierbauer Steinway.

Wie konsequent wollen wir sein? Wie konsequent können wir sein? Ist es okay, Elon Musk zu kritisieren, ja zu dämonisieren und gleichzeitig bei X zu Hause zu sein? Wie glaubhaft bleibt man, wenn man trotz scharfer Musk-Kritik einen Tesla bestellt? Grundsatzfragen, die auch vor der Musik nicht Halt machen. Am Beispiel von Igor Levit sehen wir, wie schwer Konsequenz ist: Einst hatte er Twitter abgeschworen, auch wegen: Elon Musk. Der Tesla-Chef ist heute einer der größten Donald-Trump-Unterstützer, und trotzdem textet Levit wieder munter weiter auf X (und wir bei BackstageClassical übrigens auch!) 

Nun könnte es zu einer neuen Gretchenfrage kommen – nicht nur für Levit, sondern für alle klavierspielenden Menschen da draußen, die besonders gern auf einem Steinway spielen.  

Es gibt auf der Seite des Klavierbauers ein Video, in dem sich der Besitzer der Firma präsentiert: John Paulson. Ein hochkultivierter Mensch, der das Unternehmen weniger als Raubtierkapitalist und unbarmherziger Hedgefond-Chef gekauft hat, sondern als Liebhaber der Musik, wie er sagt. Seine Schwestern haben Steinway gespielt, erklärt Paulson, Genies würden Steinway spielen, sagt er. Sein Interesse an diesem Unternehmen sei lediglich getrieben durch seine Leidenschaft für die Musik.

Die andere Welt des John Paulson sieht allerdings etwas unkultivierter aus. Neben Tesla-Tycoon Musk ist er einer der wichtigsten Wirtschafts-Berater von Donald Trump – und dessen Favorit für den Posten des Ministers für Wirtschaft. Zum Milliardär ist Paulson als Hedgefond-Manager in der Weltwirtschaftskrise 2007 geworden, seither wirbt er für eine entfesselte Wirtschaftspolitik, mit der die Reichen reicher und die Armen ärmer würden.

Bei einem Spenden-Dinner in seiner Luxus-Villa konnte Paulson an nur einem Abend 50 Millionen Dollar für Trump einsammeln, und als Finanzminister könnte er direkten Einfluss auf die Finanz- und Wirtschaftspolitik der USA nehmen – natürlich in seinem Sinne: Steuersenkungen und Ausgabenkürzungen würden ihm als Hedgefond-Manager ebenso helfen wie anderen wohlhabenden Investoren. 

Ebenso wie Trump setzt sich Steinway-Besitzer Paulson für radikale Steuersenkungen ein –  besonders für Spitzenverdiener und Unternehmen. Er ist für die Abschaffung von Subventionen, wettert gegen erneuerbare Energien und setzt – ebenso wie Trump – auf eine Zukunft mit fossiler Energie. Außerdem unterstützt Paulson strategischer Zölle gegen internationale Handelspartner. 

Kein Zweifel, wenn der Steinway-Besitzer US-Wirtschaftsminister wird, bleibt sicherlich auch die staatlich unterstützte Kultur auf der Strecke. Gedanken, die man sich durchaus machen sollte, bevor man sich beim nächsten Konzert wieder an einen Steinway-Flügel setzt.  

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